Der BEV zum Streit um die Beschäftigung im Geschichtenhaus

Bremer Erwerbslosenverband zum Streit um die Beschäftigung im Geschichtenhaus:
SPD und Linke beim Faktenscheck durchgefallen.

SPD und die Linke streiten zur Bewertung des Projekts der Bras, ein Geschichtenhaus im alten Speicher in Vegesack zu eröffnen. Die Geschichtenerzähler und Darsteller sollen Kolleginnen sein, die im Leistungsbezug von Arbeitslosengeld 2 (Hartz IV) sind und für ihre, zumeist auf 6 oder 12 Monate befristet Tätigkeit eine Aufwandspauschale von 1,20 Euro pro Stunde zusätzlich zu Ihrem Hartz IV Regelsatz erhalten. Diese Beschäftigungsform wird üblicherweise als „Ein-Euro-Job“ bezeichnet. Die TeilnehmerInnen oder Beschäftigten werden vom Jobcenter zugewiesen oder durch eine Eingliederungsvereinbarung vergattert. Will Mensch diese Maßnahme nicht antreten oder bricht sie ab, droht eine Sanktion. Die Sanktion beträgt 30 Prozent der Regelleistung, also eine Kürzung von knapp über 100 Euro für drei Monate. Derartige Sanktionen werden von den Jobcentern auch verhängt, wenn Mensch wegen persönlichem Verhalten fristlos gekündigt wird oder ein Arbeitsangebot des Jobcenters z.B. auf eine Leiharbeitsstelle nicht antritt.

Das Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit (IAB) hat schon vor Jahren in einem empirischen Forschungsbericht festgestellt, dass die Vermittlungschancen auf dem ersten Arbeitsmarkt von TeilnehmerInnen aus „Ein-Euro-Jobs“ schlechter sind als von „ungeförderten“ Erwerbslosen. Dahingehend tun Bras und andere Träger den Langzeitarbeitslosen also nichts Gutes.

Die „Ein-Euro-Jobs“ wurden 2005 eingeführt, um mittels Zwang zur Gewöhnung an Minilöhne den Niedriglohnsektor zu etablieren. Dies verkündete zumindest der damalige Kanzler Schröder auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos.

Die Zeiten haben sich aber seither gewandelt. Die Zahl der Menschen im Niedriglohnsektor hat sich seither verdoppelt. Der gesetzliche Mindestlohn reicht in der Regel nicht, um sich von Hartz 4 unabhängig machen zu können. Ca. 30 Prozent der Beschäftigten arbeiten Vollzeit zu Lohnbedingungen, die allenfalls zu einem Einkommen auf Hartz 4 Niveau führen. Befristungen, Schichtarbeit, mehrere kleine bzw. geringfügige Beschäftigungen neben einander, Leiharbeit und Arbeit auf Abruf haben die Lebensbedingungen eines Drittels der Menschen massiv verschlechtert.

[beautifulquote align=“left“ cite=““]Unter diesen Bedingungen ist eine „Ein-Euro-Job“  für viele Menschen eine echte Erholungspause.[/beautifulquote]Unter diesen Bedingungen ist die Möglichkeit einen „Ein-Euro-Job“ bei der Bras im Geschichtenhaus zugewiesen zu bekommen für viele Menschen eine echte Erholungspause gemessen an den oben beschriebenen Verhältnissen des ersten Arbeitsmarkts. Da geht es deutlich ruppiger zu als bei den Sozialpädagogen in der Bras. Wer in der sechsmonatigen Probezeit in der Leiharbeit krank wird, kann für gewöhnlich seine Kündigung aus dem Briefkasten holen. Bei der Bras ist das anders, hier wird der Kranke herzlich willkommen geheißen, denn mit seiner Genesung und Wiedererscheinen am Arbeitsplatz setzt auch wieder die Zahlung des Jobcenters an den Träger ein. Der Maßnahmeträger für „Ein-Euro-Jobber“ wird vom Jobcenter für die Anwesenheit der Teilnehmer bezahlt.

SPD und Linke scheinen mit ihren Bewertungen und Kenntnissen im Jahre 2005 stehengeblieben zu sein.

Mit Menschenwürde und freier Gestaltung der Lebensbedingungen haben sowohl die Lohnarbeit im Niedriglohn und atypischen arbeitsrechtlichen Normen als auch die „Ein-Euro-Jobs“ nichts zu tun. Beides gehört abgeschafft.