Von der Leyen`s Gesetzesnovelle ist ein zusätzliches Kürzungspaket
Im November wird im Bundestag ein massives Kürzungspaket beschlossen. Hauptsächlich Betroffene – die EmpfängerInnen von Arbeitslosengeld II (Hartz IV). 3,8 Milliarden Euro werden „eingespart“. Die Maßnahmen sind im Einzelnen:
Gleichzeitig soll zum 1. Januar 2011 der Regelsatz von 359 auf 364 Euro angehoben werden. Allerdings nur für Erwachsene. Bei Kindern bleibt der Regelsatz gleich. Schlimmer noch, die politisch motivierten Statistikfälscher im Bundesministerium haben errechnet, dass Kinder zwischen 15 und 25 nur 275 Euro brauchen. Jetzt bekommen sie schon 287 Euro. Dieser Differenzbetrag wird in den kommenden Jahren mit Erhöhungen verrechnet. Facit: wer jetzt 15 ist, kann in den nächsten drei bis vier Jahren keine Erhöhung erwarten.
Von der Leyen`s Beamte haben ganze Arbeit geleistet, für 2011 noch ein paar Schweinereien, sprich Kürzungen in die geplante Gesetzesänderung einzubauen. Diese laufen auf weitere Kürzungen und Ausweitung von Sanktionen hinaus. Das Kleingedruckte im Gesetzentwurf:
1. Anrechnung von Einkommen
Sehr häufig leihen sich Menschen Geld von Freunden und Verwandten um die „Bearbeitungszeit“ der Behörden zu überbrücken, z.B. um Stromschulden zu begleichen oder den Kühlschrank zu befüllen. In der Gesetzesbegründung heißt es dazu: „ Fehlt eine ausdrückliche Zweckbestimmung oder ist diese nicht festzustellen,, gilt der in § 11 Absatz 1 Satz 1 aufgestellte Grundsatz der Berücksichtigung (des Darlehens) als Einkommen“ .
Bisher nicht anrechenbare Aufwandsentschädigungen (z.B. Nachbarschaftshilfe) nach dem Steuerrecht (175 Euro monatlich) werden als Einkommen angerechnet.
2. Sanktionen
Im § 31 neu, wird die Möglichkeit der Sanktionsverhängung ausgeweitet. Bisher musste bei jeder Zuweisungsaktion der BAgIS eine Rechtsfolgenbelehrung erfolgen, die ausdrücklich auf die Sanktionsfolgen hinweist. Neu ist der Anhang „Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis“… Hierbei ist „oder deren Kenntnis“ eingefügt worden. Damit werden die Sanktionsmöglichkeiten ausgeweitet.
3. Rückwirkende Erbringung von Leistungen
Bisher konnten für die Vergangenheit, bis zu einem Zeitraum von vier Jahren rechtswidrig nicht erbrachte Leistungen nachgefordert werden.
Klassisches Beispiele die Nichtfreirechnung von 30 Euro aus dem Kindergeld von über 18 jährigen Kindern oder die Nichtzahlung von Wasser/Abwasser bei den Kosten der Unterkunft. Hier ergaben sich zum Teil erhebliche Nachzahlungsansprüche von LeistungsbezieherInnen.
Ab Januar 2011 soll diese Rückforderungsfrist, nur im SGB II (Hartz IV) und SGB XII (Grundsicherung und Sozialhilfe), nicht in den anderen Sozialgesetzbüchern, auf 1 Jahr reduziert werden. Leistungsbetrug durch die Ämter wird amnestiert.
4. Aufrechnungen
Bisher waren Aufrechnung, d.h. der Abzug von Geldbeträgen aus den laufenden Leistungen bis zu einer Höhe von 30 Prozent der Regelleistungen und bei „grob fahrlässigem Verhalten“ möglich. Jetzt sollen auch andere Überzahlungsgründe durch Einbehaltung zurück geholt werden.
Fehler des Amtes und fahrlässige Angaben von LeistungsbezieherInnen sollen grundsätzlich mit 30 Prozent der Regelleistung zurück gefordert werden. Dies entspricht 109 Euro monatlich von 364 bei einem allein Stehenden.
5. Kürzungen bei Erwachsenen
Für Erwachsene (ab 25 Jahren) im Haushalt der Eltern oder anderen Angehörigen sollen zukünftig nur noch 275 (287) Euro gezahlt werden. Dies trifft zu, wenn diese Erwachsenen keinen „eigenen“ Haushalt führen. Damit werden die bisher geltenden Regelleistungen von 359 Euro (in 2010) ab 25 Jahren auf 287 Euro reduziert. Dies könnte bedeutet, dass für einen nicht kleinen Kreis von Menschen eine Kürzung von 68 Euro monatlich erfolgt. Diese Regelung betrifft auch ältere Menschen aus dem Rechtskreis des SGB XII (Grundsicherung und Sozialhilfe) die bei ihren Kindern leben und könnte auch für Hartz IV BezieherInnen in Wohngemeinschaften Anwendung finden.
6. Kinderbedarfspaket
Das Bildungspaket von 10 Euro monatlich, per Gutschein oder Chipkarte. Ein lächerlicher Betrag angesichts der inzwischen abgeschafften Lehr- und Lernmittelfreiheit an den Schulen. Diese, von der Bundesregierung besonders gelobte, Förderung von Kindern ist jedoch auf Kinder bis zum 18. Geburtstag begrenzt ( § 28 (6) des Referentenentwurfs) . Die darin enthaltene Botschaft ist eindeutig: Kinder aus Hartz IV Haushalten haben an weiterführenden Schulen, bei den das Lebensalter von 18 Jahren regelmäßig überschritten wird, nichts verloren. Mittelschicht- und Oberklassekinder sollen hier unter sich bleiben
Fazit : Der Referentenentwurf ist nicht nur keine angemessene Erhöhung der
Regelleistungen, sondern ein weiteres Leistungskürzungspaket.
Die „Mehrausgaben“ durch die Regelsatzanhebung von 5 Euro schätzt die Bundesregierung auf 500 Millionen Euro. Gleichzeitig wird jedoch ein Sparpaket im Umfang von 3,8 Milliarden Euro beschlossen und die anderen Neuregelungen zum 1.1.2011 belaufen sich noch einmal auf 500 Millionen gekürzter Leistungen. Die Anhebung um 5 Euro bei Erwachsenen wird also aus den Kürzungen bei Kindern, mehr Sanktionen und anderen Kürzungen erwirtschaftet.
Dies alles geschieht vor dem angeblichen Haushaltsnotstand von Bund Ländern und Gemeinden.
Dies ist selbstgemachtes Leiden. Mit der „großen Steuerreform 2000“ wurden Unternehmen und Besserverdienern 40 Milliarden Steuern pro Jahr erlassen. Dabei wurden die Steuersätze erheblich reduziert. Zur Bankenrettung wurden 50 Milliarden ausgebeben, die keinen anderen Sinn hatten als die Geldeinlagen der Reichen zu sichern.
Die Krise ist vorbei, die Profite sprudeln wieder. Wer die Wirtschaftsteile der Zeitungen liest, wird feststellen: Alle großen Unternehmen fahren wieder Profite in zig Milliardenhöhe ein. Selbst die amtliche Steuerschätzung geht von erheblichen Mehreinnahmen (63 Milliarden) aus.
Wozu also noch Kürzen bei den Armen ?
Alle genannten Maßnahmen haben ein großes Ziel: Sicherung der Profite der Industrie und den Banken. Damit sie weiterhin üppige Dividenden an die Oberklasse auszahlen können.
Wir dürfen uns nicht auf die Berechnungsspiele der Herrschenden einlassen, Superarmut aus Armut herauszurechen. Die Lebensbedingungen aller Menschen müssen sich messen am Reichtum den diese Gesellschaft hervorbringt. Die Besitzenden hierzulande verfügen über angelegtes Geldkapital (ohne Immobilien und Betriebe) von 4 800 Milliarden Euro. Allein der daraus erwachsende Zins und Ertrag ist wesentlich höher als alle Ausgaben für Hartz IV.
Deshalb lasst uns weiter Streiten für: