Hurra, die Wende auf dem Arbeitsmarkt kommt !
Ab 2012/13 weniger Hartz IV EmpfängerInnen absehbar !
2008 wurde von der großen Koalition aus SPD und CDU beschlossen: Erwerbslose Hartz IV BezieherInnen müssen mit 63 in Rente. Jetzt geht’s los. Der Geburtsjahrgang 1950 fällt ab 2013 nicht mehr unter die frühere „58iger Regelung“ und das Geburtsjahr 1949 die nach dem 1. Januar 2008 arbeitslos geworden sind, bekommen mit dem Näherrücken des 63. Geburtstages Post vom Jobcenter mit der Aufforderung einen Rentenantrag zu stellen. Mit dem Beginn der möglichen Rentenzahlung, ab dem Folgemonat nach dem 63stigsten, wird dann der Hartz IV Bezug eingestellt. Basta !
Schön, könnte man denken, endlich das Rentenalter genießen. Aber das Ganze hat einen finanziellen Haken. Während auf der einen Seite das Rentenalter in Schritten auf 67 Jahre angehoben wird, sollen erwerbslose Hartz IV EmpfängerInnen zwangsweise mit 63 Jahren frühverrentet werden und dabei Rentenkürzungen hinnehmen.
Ein Widerspruch ? Nein!
Denn erst mit dem Eintritt des offiziellen Rentenalters (Im Jahre 2012 mit 65 Jahren und drei Monaten) ist eine Rente ohne Abschläge (Kürzungen) möglich. Geht Mensch früher in Rente, wird die Rente für jeden Monat des vorzeitigen Renteneintritts um 0,3 Prozent gekürzt. War bislang die Zwangsverrentung durch die Jobcenter nur möglich wenn es keine Rentenkürzung wegen vorzeitigem Antritts gab, ist dies jetzt möglich. Und davon machen die Jobcenter vermehrt Gebrauch. Den vorzeitigen Renteneintritt bei Einstellung der Hartz IV Leistungen müssen die Betroffenen mit Rentenkürzungen bezahle.
Ein Beispiel:Brunhilde (Geburtsjahr 1949) ist im Sommer 2008 arbeitslos geworden. Nach Auslaufen des Arbeitslosengeld I Anspruchs hat sie im Sommer 2010 Hartz IV beantragt. Damit fällt sie nicht mehr unter die 58iger Schutzregelung. Das Jobcenter fordert sie auf zum 1. Juni 2012 einen Rentenantrag zu stellen, da sie mit ihrem Geburtstag am 24. Mai 2012 63 Jahre alt wird.
Mit 65 Jahren und 3 Monaten hätte Brunhilde einen Rentenanspruch von 930 Euro Brutto (entspricht 858 Euro netto). Da das Jobcenter sie zur vorzeitigen Rentenantragstellung zwingt, wird die Bruttorente um 27 Monate mal 0,3 Prozent = 8,1 Prozent gekürzt und beträgt dann noch 854,70 Euro. Damit bekäme sie eine Nettorente von 788 Euro ausgezahlt. Ein monatlicher Verlust von 70 Euro. Mit einer Lebenserwartung von 83 Jahren spart die Rentenkasse ca. 16 800 Euro.
Zwangsverrentungen bringen also einen hohen Einspareffekt, da ca. 100 000 Menschen ab 2013 pro Jahr in den verarmten Ruhestand geschickt werden können.
Auch Menschen, die noch in den Genuss der 58iger Regelung gekommen sind, und deren Arbeitslosengeldbezug nach 2008 unterbrochen wurde, fallen nicht mehr unter die Schutzregelungen. Dies ist zum Beispiel bei Überschreiten der Ortsabwesenheitszeiten (mehr als drei Wochen) oder bei kurzzeitiger Beschäftigung die den Leistungsbezug von ALG I oder ALG II unterbricht, der Fall.
Aber es gibt ein paar Ausnahmeregelungen für die Zwangsrente mit 63 Jahren. Diese sind:
– Sie erhalten Hartz IV ergänzend zum Arbeitslosengeld I, dann endet die Hartz IV Zahlung mit
dem Auslaufen des Arbeitslosengeld I über den 63igsten hinaus.
– Sie bekommen Hartz IV als Ergänzung zum Lohn. Dann wird Hartz IV weiterhin gezahlt, wenn die wöchentliche Stundenzahl mindestens die Hälfte Ihres individuellen Arbeitsvermögens
ausmacht. Dies gilt nicht für 400 Euro Jobs.
– Sie innerhalb von drei Monaten sowieso in eine ungekürzte Altersrente gehen können.
– Sie dem Jobcenter einen Arbeitsantritt innerhalb der nächsten drei Monate glaubhaft machen können. Dazu sind schriftliche Einstellungszusagen oder ein Arbeitsvertrag notwendig.
Vorerst ist es noch möglich als Schwerbehinderter mit 63 Jahren in ungekürzte Altersrente zu gehen. Dies setzt die Anerkennung der Schwerbehinderung mit mindestens 50 Prozent voraus. Wenn Sie gesundheitliche Einschränkungen haben und keine Aussichten bestehen bis zum 63 Lebensjahr wieder in Arbeit zu kommen, können Sie eine Rentenkürzung ab 63 mittels Anerkennung der Schwerbehinderung vermeiden. Dieser Weg ist jedoch nicht einfach und oftmals nur über Widerspruch und Klage durchsetzbar. Deshalb sollte rechtszeitig damit begonnen werden.
In jedem Fall ist es ratsam eine unserer Beratungsstellen aufzusuchen, denn gegen so manchen Bescheid des Jobcenter ist erfolgreicher Widerstand möglich. So ist die grundsätzliche Frage noch nicht entschieden, ob das Jobcenter überhaupt zu einem Verzicht auf erarbeitete Versicherungsleistungen aus der Rentenversicherung zwingen kann.