Vermögen und Hartz IV-Bezug

Auch Hartz IV-Empfänger dürfen über gewisses Vermögen verfügen, ohne dass dadurch der Hartz IV-Anspruch grundsätzlich ausgeschlossen oder verringert wird.

Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände (z.B. Geld, Sachen wie Schmuck oder Häuser, oder Rechte).
Vereinfacht lässt sich sagen, dass Vermögen alles das ist, was Sie schon vor der Hartz IV-Antragstellung haben; alles was Sie danach erhalten, ist Einkommen und wird bei der Hartz IV-Bewilligung anders als Vermögen behandelt. Fast immer ist es für Betroffene besser, wenn Geldzahlungen als Vermögen und nicht als Einkommen eingestuft werden können.

Paragraph 12 Sozialgesetzbuch II „Zu berücksichtigendes Vermögen“ regelt, wie sich vorhandenes Vermögen auf den Hartz IV-Anspruch auswirkt, ist aber schwer zu verstehen.

Grob lassen sich 3 „Arten“ von Vermögen unterscheiden:
a) frei verfügbares Vermögen
b) Vermögen für die Altersvorsorge
c) nicht zu berücksichtigendes Vermögen, nicht verwertbares Vermögen

Diese Vermögensarten sind zum Teil und bis zu bestimmten Höhen „geschützt“ und damit für den Hartz IV-Bezug unschädlich, oder sie sind unter bestimmten Voraussetzungen „nicht zu berücksichtigen“ und aus diesem Grund ebenfalls unschädlich.

Am 17.04.2010 wurden die Freibeträge für die privat angesparte Altersvorsorge deutlich erhöht.
Dies kann speziell für Menschen bedeutsam sein, die demnächst ALG II beantragen müssen (z.B. weil der ALG I-Anspruch endet), oder für Betroffene, deren Hartz IV-Antrag in der Vergangenheit abgelehnt worden war, weil sie über zuviel Vermögen verfügten.
In diesen Fällen könnte es jetzt sinnvoll sein, vorhandenes Vermögen in geschützte Altersvorsorge umzuwandeln, um so einen Hartz IV-Anspruch begründen zu können.

Allerdings hat ein solcher Schritt weitreichende und unwiderrufliche Konsequenzen und sollte deshalb gut überlegt sein. Es kommt immer auf den Einzelfall und die persönliche Situation der Betroffenen an, welches Verfahren tatsächlich sinnvoll ist.
Der Bremer Erwerbslosenverband berät deshalb Betroffene und hilft bei der Entscheidungsfindung.

Frei verfügbares Vermögen

Volljährige Hartz IV-EmpfängerInnen haben einen Grundfreibetrag in Höhe von 150 Euro je vollendetem Lebensjahr, mindestens aber 3100 Euro. Das Gleiche gilt für die jeweiligen Partner bzw. Partnerinnen.
Kinder unter 18 Jahren haben jeweils einen Grundfreibetrag von 3100 Euro, unabhängig vom Alter.
Die Freibeträge der Eltern bzw. PartnerInnen können zusammengerechnet und übertragen werden. Dieses ist aber nicht bei den Freibeträgen zwischen Eltern und Kind oder zwischen Kind und Eltern möglich.

Daneben gibt es noch einen Freibetrag von 750 Euro für jedes Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft. Dieser dient für „notwendige Anschaffungen“ und ist für Kinder und Erwachsene gleich hoch. Dieser Freibetrag kann von Kindern auf Eltern übertragen werden (und umgekehrt), soweit er nicht selber ausgeschöpft wird.

Vermögen für die Altersvorsorge

a) Riesterrente

Grundsätzlich geschützt sind die geförderten Altersvorsorgeaufwendungen bei „Riester“-Anlagenformen (Eigenbeiträge und Zulagen, sowie die Erträge daraus). Dies gilt jedoch nur, soweit der Inhaber das Altersvorsorgevermögen nicht vorzeitig verwendet (bei vorzeitiger Auszahlung, wird dieses Vermögen wie „frei verfügbares Vermögen“ behandelt).
Der Altersvorsorgevertrag muss zertifiziert sein gemäß § 5 Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz und es muss ein Nachweis über die jährliche Bescheinigung nach § 92 Nr. 5 EStG über den Stand des Altersvorsorgevermögens erfolgen.
Die Freibeträge gelten für jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, auch für Kinder mit einem Riester-Vertrag nach Maßgabe des § 10a EStG.
Jährliche Höchstbeträge von Eigenbetrag und Zulage:
2002 + 2003 525 Euro
2004 + 2005 1050 Euro
2006 + 2007 1575 Euro
ab 2008 2100 Euro

b) Private Altersvorsorge

Das Schonvermögen für die private Altersvorsorge wurde zum 17.04.2010 verdreifacht, und zwar von 250 Euro auf 750 Euro je vollendetem Lebensjahr.

Diese Freibeträge gelten für – den/die erwerbsfähigen ALG II-EmpfängerIn
– die jeweiligen Partner (können auch nicht erwerbsfähig sein)
– erwerbsfähige (minderjährige) Kinder nach Vollendung des 15.
Lebensjahres.
Die Freibeträge bei den Partnern sind untereinander übertragbar, zwischen Eltern und Kindern (und umgekehrt) ist dies nicht möglich.

Der Freibetrag gilt für jegliche Form der Altersvorsorge, maßgebend ist jedoch, dass deren Verwertung vor Eintritt in den Ruhestand vertraglich unwiderruflich ausgeschlossen ist (Ausschluss vor Vollendung des 60. Lebensjahres reicht grundsätzlich aus; in vielen Fällen dürfte es aber sinnvoll sein, den Verwertungsausschluss später zu terminieren). Auch ein vorheriger Rückkauf, eine vorherige Kündigung oder eine Beleihung darf nicht möglich sein (muss aus den jeweiligen Vereinbarungen/Versicherungsverträgen eindeutig hervorgehen).
Es ist jederzeit möglich und nicht sozialwidrig (auch nach Antragstellung oder vorheriger Vorsprache bei der BAgIS), übersteigendes frei verfügbares Vermögen, in geschützte private Altersvorsorge umzuwandeln, um einen ALG II-Anspruch zu begründen.

Nicht zu berücksichtigendes, nicht verwertbares Vermögen

Im Einzelfall kann Vermögen zwar nicht grundsätzlich geschützt, aber aktuell trotzdem nicht „verwertbar“ sein (z.B. zu großes Eigenheim bzw. Grundstück). Ob in solchen Fällen ALG II dann als Zuschuss oder Darlehen zu zahlen ist, kann strittig sein. Betroffene sollten sich frühzeitig beraten lassen, um unnötige finanzielle Einbußen und Engpässe möglichst vermeiden zu können.

Daneben gibt es noch Vermögen, dass bei der ALG II-Bewilligung „nicht zu berücksichtigen“ ist.
Dazu zählen u.a.
– angemessener Hausrat,
– ein angemessenes Auto (oder Motorrad) für jeden Erwerbsfähigen einer Bedarfsgemeinschaft (Wert
jeweils höchstens 7500 Euro),
– angemessenes Vermögen für die Altersvorsorge bei Befreiung von der Versichersicherungspflicht in
der gesetzlichen Rentenversicherung,
– selbstgenutztes Wohneigentum von angemessener Größe und mit angemessenem Grundstück.

Außerdem kann Vermögen u.a. auch dann noch unberücksichtigt bleiben, wenn die Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder eine besondere Härte bedeuten würde.