Kurzer Ratgeber zu Arbeitslosengeld II / "Hartz IV"

Wichtige Informationen für Sie im Umgang mit dem »Jobcenter«

Das Jobcenter hat zwar eine »Aufklärungs- und Beratungspflicht« nach §13 und §14 SGB I, dieser Pflicht wird jedoch nur selten nachgekommen.

Das Jobcenter als »Dienstleistungsbehörde« soll eigentlich den Interessen Ihrer »Kunden« dienen. Tatsächlich ist es jedoch umgekehrt: Es sind die Kunden, die dieser Behörde zu Diensten sein müssen. Vom Leitmotiv »Fordern und Fördern« bleibt zumeist nur ein »Fordern und Verwalten« übrig um Kosten einzusparen werden die Sachbearbeiter*innen durch Vorgaben dazu gezwungen Erwerbslose unter Druck zu setzen und zu bestrafen.
Das »Amt« missachtet systematisch die eigenen, sowie die gesetzlichen Bestimmungen. Die Rechte der Jobcenter-Kunden werden massiv verletzt. Die seit Jahren andauernde Flut von Klagen bei den Sozialgerichten spricht Bände. Vor diesem Hintergrund kann das Gerede von Kundenfreundlichkeit allenfalls als Hohn und Zynismus verstanden werden.

Um Ihre Ansprüche trotzdem durchzusetzen, sollten Sie deshalb wissen, wie Sie sich schützen und wehren können.

Hier einige grundlegende Tipps zu
• Arbeitslosengeld 2 (Hartz IV)
• Persönlicher Vorsprache
• allg. Verhalten gegenüber dem Amt

Antrag auf Arbeitslosengeld II (Hartz IV) stellen:
(Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II)

Stellen Sie Ihren Antrag möglichst frühzeitig!

Sie müssen nicht vorher Ihr Vermögen aufbrauchen. Bei niedrigem oder gar keinem Einkommen haben Sie zumeist Anspruch auf Leistungen.
Der Leistungsanspruch beginnt ab Antragstellung.
Klären Sie schon im Vorfeld sorgfältig Fragen, die sie im Antragsformular beantworten müssen!
Zum Beispiel wer zu Ihrer »Bedarfsgemeinschaft« gehört, ob Sie in einer »eheähnlichen Gemeinschaft« leben, oder welches Vermögen Sie besitzen dürfen. Es können Ihnen sonst erhebliche finanzielle Nachteile entstehen. Angaben über Telefonnummer und E-Mail Adresse sind freiwillig (Datenschutz). Erreichbarkeit per Post genügt.

Lassen Sie sich nicht abwimmeln!

Das Jobcenter ist verpflichtet ihren Antrag anzunehmen (§16 SGB 1), auch wenn dort behauptet wird, sie hätten keinen Anspruch, dies sei die falsche Stelle, der Antrag sei falsch gestellt oder die Unterlagen seien unvollständig. Der Antrag kann zunächst auch formlos gestellt werden. Fehlende Unterlagen können nachgereicht werden. Verweigert das Jobcenter dennoch die Annahme, holen Sie Zeug*innen und lassen Sie sich Ihre Vorsprache bestätigen. Gehen Sie dann umgehend zu einer Erwerbslosenberatungsstelle.

Lassen Sie sich die Abgabe aller Anträge und Unterlagen bestätigen!

Fertigen sie Kopien an, und lassen sie sich diese im Jobcenter-Empfangsbereich gegenzeichnen und abstempeln oder schicken Sie diese per Einschreiben an das »Amt«. Damit ist der Eingang der Unterlagen beim »Amt« nachweisbar. Sie wissen somit auch selbst immer, was sie dem »Amt« bereits übergeben haben. Es ist sinnvoll einen Ordner für alle Schriftstücke vom- und für das Jobcenter anzulegen. So können Sie später einfach nachprüfen, welche Angaben wann gemacht wurden. Originaldokumente nur als Kopie abgeben. Es sind wichtige Beweise, und die gehören Ihnen.

Lassen Sie sich nicht mit Lebensmittelgutscheinen abspeisen!

Haben Sie kein Geld mehr um die Bearbeitungszeit zu überbrücken (bei »Mittellosigkeit«), können Sie per »vorläufigem Bescheid« (§40 Abs.1Nr1aSGB II) einen angemessenen »Vorschuss auf die zu erwartenden Leistungen« (§42 SGB I) beantragen. Sie können dann sofort im Jobcenter Bargeld oder einen Barcheck erhalten.
Es ist immer besser, sich schon vor der Antragstellung umfassend zu informieren. Lassen Sie sich deshalb schon im Vorfeld unabhängig und kostenlos beim Bremer Erwerbslosenverband (BEV) beraten!

Persönliche Vorsprache / Einladung beim Jobcenter:

Holen Sie sich Unterstützung!

Sie müssen nicht alleine mit den Sachbearbeiter*innen »fertig werden«! Es ist Ihr Recht zu Jobcenter-Terminen eine Vertrauensperson als Beistand mitzunehmen (§13 SGB X). Das gibt Ihnen Schutz und Selbstsicherheit. Und im Zweifelsfall haben sie somit eine*n Zeug*in.

In schwierigeren Fällen kann der BEV versuchen ihnen einen erfahrenen Beistand zu vermitteln.

Behalten Sie ein gesundes Maß an Misstrauen gegenüber den Sachbearbeiter*innen!

Überlegen Sie gut, was Sie diesen anvertrauen, denn sie vertreten vor allem die Interessen des Jobcenters. Bleiben Sie skeptisch bei Behauptungen der Sachbearbeiter*innen. Leider hat die Erfahrung gezeigt, dass es auf dem »Amt« praktisch keine »lockeren Gespräche« gibt. Fast alles wird von den Sachbearbeiter*innen auf dem PC in ihrer Datei notiert.

Vertreten Sie nachdrücklich ihr Anliegen!

Lassen Sie sich nicht einschüchtern! Stellen Sie gezielt Fragen und Forderungen.
Ihre eigenen Interessen sollten im Vordergrund stehen, nicht die des Jobcenters. Die Sachbearbeiter*innen haben Ermessensspielräume die genutzt werden können. Machen Sie sich während des Gesprächs gegebenenfalls Stichworte oder ein Protokoll und lassen Sie sich dieses gegenzeichnen. Überprüfen Sie die Aussagen im Anschluss an das Gespräch nach.

Treffen Sie keine mündlichen Absprachen!

Mündliche Zusagen/Absprachen können hinterher schlecht bewiesen werden, insbesondere falls ihr/e Sachbearbeiter*in wechselt. Bestehen Sie notfalls auf eine sofortige und schriftliche Entscheidung (»Verwaltungsakt«) an Ort und Stelle ( §33 Abs.2 SGB X). Gegen den daraus folgenden Bescheid können Sie dann Widerspruch einlegen.
Wichtige Anträge, Fragen und Forderungen sollten Sie schriftlich stellen, und sich die Abgabe bestätigen lassen. Sie haben damit eine rechtliche Handhabe und können gegebenenfalls ihrerseits gegen das Amt vorgehen.

Unterschreiben Sie nichts sofort auf dem Amt!

Das kann sich zu Ihrem Nachteil auswirken. Lassen sie sich bei »Eingliederungsvereinbarungen«, »1 Euro-Job«-Verträge, Eigen-, oder Verzichtserklärungen, Bestätigungen etc. nicht unter Druck setzen:
Sie haben das Recht Verträge zur Prüfung mit nach Hause zu nehmen. Ihnen seht eine Bedenkzeit von 10 – 14 Tage zu, auch wenn das Amt das Gegenteil behaupten sollte.
Deshalb: Lassen Sie sich vor-, oder nach einem Jobcenter-Termin in Ruhe bei uns beraten!

Sich schützen.

Lesen Sie alle Schriftstücke die sie vom Jobcenter erhalten sorgfältig durch!
Oft sind die Schreiben unverständlich und bürokratisch formuliert. Achten Sie besonders darauf, ob darin »Vermittlungsvorschläge«, »Einladungen« und »Aufforderungen zur Mitwirkung«, sowie Termine und Fristen beinhaltet sind. Verstösse dagegen sind gängige Anlässe für Sanktionen. Hier ist gut überlegtes Handeln ratsam.
Beachten Sie auch die Rückseiten und »Rechtsfolgenbelehrungen«. Dort sind oft noch wichtige Informationen versteckt, die sich später als böse Falle erweisen und Sanktionen nach sich ziehen können .
Wenn Sie unsicher sind, Fragen haben, oder etwas nicht verstehen… Kommen Sie zu unserer Beratung!

Ansprüche durchsetzen.

Stimmt Ihr Bescheid? … Ein Großteil der Jobcenter-Bescheide ist falsch!

Haben Sie schon mal nachgerechnet ob sie auch soviel Leistungen erhalten wie Ihnen zustehen? Haben Sie Zweifel an Miet-, Heiz- und Nebenkostenanrechnungen, an der Anrechnung von Einkommen, Elterngeld, Rente und sonstigen Frei- und Absetzbeträgen?
Sie können innerhalb eines Monats Widerpruch gegen Bescheide einlegen. Sie haben dadurch keinerlei Nachteile oder Kosten. Der BEV ist Ihnen dabei gern behilflich.

Verweigert das Jobcenter Ihnen zustehende Leistungen?
Dagegen kann angegangen werden. Kommen Sie zu uns! Es kann Leistungsklage, in dringenden Fällen Eilklage oder eine Einstweilige Anordnung gestellt werden damit Sie schnell an dringend benötigte Leistungen kommen.

Eine Klage ist kostenlos für Sie und hat keinerlei Nachteile beim Jobcenter zur Folge.
Es ist sinnvoll dafür eine*n Anwält*in für Sozialrecht einzuschalten.
Der BEV berät Sie gern im Vorfeld und kann Ihnen eine*n Anwält*in vermitteln.

Welche Rechte haben Sie wirklich?
• Sind Kürzungen und verhängte Sanktionen rechtmäßig?
• Sind Eingliederungsvereinbarungen und Bewerbungsauflagen angemessen?
• Welche berufliche Förderung, Umschulung oder Weiterbildung steht Ihnen zu?

Für diese Fragen gibt’s den BEV mit seinem Beratungsangebot
Der BEV ist aber nicht nur eine Dienstleistungseinrichtung. Viele von uns sind selbst erwerbslos. Wir haben uns zusammengeschlossen, um uns gegenseitig und anderen zu helfen. Wir treten gemeinsam für die Verbesserung der Lage von Erwerbslosen ein. Wir wollen gesellschaftliche Verhältnisse bekämpfen und verändern, welche Abhängigkeit; Niedriglöhne; Erwerbslosigkeit; Armut und Ausgrenzung verursachen.

Wehren Sie sich!
Gegen Behördenwillkür und Sanktionen! Gegen Entrechtung, Bevormundung und Erniedrigung!
Gegen Arbeitszwang und Ausbeutung!
Kommen Sie zum Bremer Erwerbslosenverband! Verbinden Sie sich mit anderen Betroffenen. Viele haben dieselben Erfahrungen gemacht. Zusammen lässt sich mehr erreichen. Gemeinsam sind wir stärker!


Den Ratgeber als PDF hier downloaden