Grundsicherung

Regelsätze bei Grundsicherung und Sozialhilfe

Amt handelt regelmäßig falsch !

Seit Mai 2009 ist es amtlich; das Amt für Soziale Dienste stuft regelmäßig Angehörige über 25 Jahre, die Leistungen nach dem SGB XII (Grundsicherung, Sozialhilfe oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz § 2) erhalten, falsch ein. Statt ihnen 359 Euro für einen Haushaltsvorstand zu bewilligen, werden lediglich 287 Euro gezahlt. Somit fehlen den Betroffenen monatlich 72 Euro zum Leben. Dies hat das Bundessozialgericht in einer Entscheidung vom 19. Mai 2009 ( B 8 SO 8/08 R) festgestellt.
Hintergrund: Die Regelsätze im SGB II (Hartz IV) und im SGB XII (Grundsicherung und Sozialhilfe) sind gleich. Ein alleinstehender Mensch bekommt 359 Euro. Bei einem Ehepaar bzw. eheähnlicher Gemeinschaft sind es 323 Euro pro Person. Kinder erhalten je nach Alter einen Regelsatz von 215 bis 287 Euro.
Wird in einer Bedarfsgemeinschaft (Familie in einer gemeinsamen Wohnung) aus Hartz IV EmpfängerInnen eines der Kinder 25 Jahre alt, so wird dieses Kind fortan als eigene Bedarfsgemeinschaft mit einem Regelsatz von 359 Euro geführt.
Dies wird bei Grundsicherung und Sozialhilfe so nicht praktiziert. Der älter als 25- jährige erhält weiterhin die 287 Euro als „Angehöriger“ ausgezahlt.
[warning]Hierzu hat das Bundessozialgericht festgestellt, dass eine Schlechterstellung einer LeistungsempfängerIn bei Bezug von Grundsicherungsleistungen gegenüber einer EmpfängerIn von Hartz IV Leistungen dem Gleichheitsgrundsatz des Artikels 3 Abs. 1 des Grundgesetzes widerspricht.[/warning]
Gegen die, durch das Urteil des Bundessozialgerichts bestätigte Rechtswidrigkeit, erfolgte Einstufung mit 287 Euro, ist Widerspruch und Klage möglich.

Beispiele zur Verdeutlichung

Beispiel 1
Das Ehepaar Müller erhält Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV). In der gemeinsamen Wohnung lebt die 74-jährige Mutter von Herrn Müller. Sie bezieht eine geringe Rente und erhält ergänzende Leistungen nach dem SGB XII (Grundsicherung). Nach dem Bescheid des Amtes für Soziale Dienste erhält sie monatlich 287 Euro Regelsatz und den Mietanteil von einem Drittel der Mietkosten der gemeinsamen Wohnung.
Diese Rechtsanwendung ist falsch. Es müssten der Mutter von Herrn Müller 359 Euro Regelleistung und der Mietanteil zugestanden werden.

Beispiel 2
Familie Meier, beide Ehepartner sind über 65 Jahre alt, erhalten eine Rente und leben mit ihrem behinderten 30-jährigen Sohn in einer Wohnung. Dieser erhält Leistungen nach dem SGB XII (Grundsicherung). Auch in seiner Bedarfsberechnung werden 287 Euro und der entsprechende Mietanteil bewilligt.
Diese Berechnung ist rechtswidrig. Er müsste 359 Euro zuzüglich Mietanteil erhalten.

Beispiel 3
Familie Yussuf hat einen dreijährigen Sohn, lebt vom Arbeitslohn. In der gemeinsamen Wohnung lebt die 50-jährige Mutter von Herrn Yussuf. Diese erhält Leistungen nach §2 Asylbewerberleistungsgesetz. Sie wird vom Amt als Angehörige mit einer Regelleistung von 287 Euro zuzüglich Mietanteil eingestuft.
Auch diese Einstufung der Mutter ist rechtswidrig. Sie hätte einen Anspruch auf 359 Euro und den entsprechenden Mietanteil.

Höhere Regelleistung ist möglich

Die Voraussetzung für die Zahlung von 359 Euro aus dem SGB XII (Grundsicherung, Sozialhilfe und Asylbewerberleistungsgesetz) ist immer, dass der/die Betroffene älter als 25 Jahre alt ist und sich mit seinen Einkünften an den allgemeinen Kosten des Haushalts (Strom, Tel.) beteiligt.
Da das Urteil des Bundessozialgerichts im Mai 2009 ergangen ist, muss eine rückwirkende Antragstellung auf den Regelsatz von 359 Euro bis zu diesem Zeitpunkt erfolgen. Da das Bundessozialgericht jedoch die Gesetzeslogik seit dem 1.1.2005 als grundgesetzwidrig bewertet hat, sind nach Auffassung des BEV Nachzahlung bis zu 4 Jahren möglich, wenn alle anderen Voraussetzungen erfüllt sind.
Hierzu ist ein Antrag nach § 44 SGB X notwendig.

Zukünftig keine Kürzung der Regelleistung mehr bei stationären Aufenthalten (PDF)