BAgIS ignoriert erneut fortlaufend die Rechtsauffassung des Bremer Sozialgerichts

BAgIS muss Fernseher bewilligen: Urteil zur „Erstausstattung für Wohnraum“ wird anerkannt, rechtswidrige Bewilligungspraxis aber fortgesetzt / Bremer Sozialbehörde sitzt rechtswidrigen Zustand wieder einmal aus

Der Bremer Erwerbslosenverband hat erneut eine sozialgerichtliche Entscheidung erwirkt, die zu einer Änderung einer Bremer Verwaltungsanweisung für Hartz IV und Sozialhilfe-EmpfängerInnen führen muss.

Nach dem Auszug aus der Wohnung ihrer Mutter, hatte eine junge Frau aus Bremen-Nord bereits letztes Jahr von der BAgIS pauschalisierte Leistungen für die Erstausstattung für die Wohnung und Haushaltsgeräte erhalten. Die BAgIS hatte sich dabei an die Vorgaben aus der Bremer Verwaltungsanweisung zu § 23 Abs. 3 SGB II gehalten.
Durch Beschluss im Eilverfahren hatte das Bremer Sozialgericht bereits am 29.10.2009 den bewilligten Betrag um 70 Euro für einen Fernseher und Fernsehtisch erhöht (S 18 AS 1936/09 ER).
Diese Entscheidung wurde jetzt durch das Urteil vom Sozialgericht bestätigt (SG Bremen Urteil v. 14.04.2010- S 18 AS 2216/09). Obwohl der Streitwert unter der Grenze von 750 Euro lag, hatte das Sozialgericht die Berufung gegen das Urteil zugelassen, da es sich um eine ungeklärte Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung handele. Die Rechtsmittelfrist hat die BAgIS jetzt verstreichen lassen und das Urteil damit akzeptiert.
Die Rechtsauffassung des Bremer Sozialgerichts war im Übrigen in einem entsprechendem Fall durch das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen später bestätigt worden (Urteil vom 27.04.2010- L 9 AS 267/09).

In der Beratungspraxis hat der Bremer Erwerbslosenverband jedoch die Erfahrung gemacht, dass die BAgIS weiterhin Erstausstattungspauschalen bewilligt, ohne den Bedarf für einen Fernseher zu berücksichtigen.
Das Bundessozialgericht hatte in der Vergangenheit zudem schon klargestellt, dass nicht nur bei der erstmaligen Anmietung einer Wohnung ein Anspruch auf Erstausstattung für Wohnraum gegeben ist, sondern auch situationsbezogen, wenn ein solcher Bedarf besteht (BSG Urteil v. 19.09.2008 – B 14 AS 64/07 R + 01.07.2009 – B 4 AS 77/08 R). Wir erleben bei Ratsuchenden regelmäßig, dass die BAgIS Fälle dieser sogenannten Ersatzbeschaffung -entsprechend der Vorgaben der Sozialbehörde aus der Verwaltungsanweisung- sehr restriktiv handhabt. So haben z.B. Menschen nach einer Trennung große Schwierigkeiten eine Erstausstattung für Wohnraum nach § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II bewilligt zu bekommen, obwohl ein solcher Anspruch laut Bundessozialgericht gegeben ist

Politisch verantwortlich für diese skandalöse Bewilligungspraxis ist aber die Bremer Sozialbehörde, die BAgIS setzt in der Praxis letztlich nur das um, was die Politik in Bremen durch die Verwaltungsanweisungen vorgibt Der Bremer Erwerbslosenverband hat die Sozialbehörde in der Vergangenheit bereits mehrfach auf die Rechtswidrigkeit der aktuellen Verwaltungsanweisung zu § 23 Absatz 3 SGB II aufmerksam gemacht, zuletzt im April 2010.
Offensichtlich ist die maßgebliche Verwaltungsanweisung aber bisher noch nicht überarbeitet worden.
Die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigt, dass die Sozialbehörde sich immer nur dann bewegt, wenn es einen entsprechenden öffentlichen Druck gibt. Ansonsten wird Haushaltssanierung auf Kosten der Ärmsten betrieben.

In diesem Vorgehen zeigt sich eine rücksichtslose Grundhaltung gegenüber benachteiligten Menschen in dieser Gesellschaft.
Wir fordern: Schluss mit der Schikane! Herr Schuster, sorgen Sie endlich für rechtmäßige Verwaltungsanweisungen in Bremen!