Ärger für Sozialsenatorin

Bemerkenswerte Entscheidung vom Bremer Sozialgericht bringt Ärger für Sozialsenatorin und gute Nachrichten für Bremer Hartz IV-EmpfängerInnen
Mietkosten dürfen nach nicht genehmigtem Umzug nicht unbefristet „gedeckelt“ werden / Mietobergrenzen in Bremen sind um 10 Prozent zu niedrig
Auf die Bremer Sozialsenatorin kommen nach einer nicht beschwerdefähigen Entscheidung der 23. Kammer des Sozialgerichts Bremen vom 27.05.2011 (S 23 737/11 ER) zusätzliche Ausgaben für die zu bewilligenden Kosten der Unterkunft für Hartz IV und SozialhilfeempfängerInnen zu.
Einem Ratsuchenden des Bremer Erwerbslosenverbandes waren nach einem nicht erforderlichen Umzug innerhalb von Bremen, mehr als 4 Jahre lang nur die niedrigeren Mietkosten für die alte Wohnung bewilligt worden.
Hintergrund ist eine Gesetzesregelung, die eine unbefristete Festschreibung auf die alten Mietkosten vorsieht, wenn sich nach einem ’nicht erforderlichen‘ Umzug die Mietkosten erhöhen. Dies gilt selbst dann, wenn die neuen Mietkosten immer noch angemessen im Sinne des Gesetzes sind.
Durch diese restriktive Norm wird die freie Wahl der Wohnung und des Wohnumfeldes für Hartz IV-BezieherInnen massiv beschränkt.

Unter Verweis auf eine Entscheidung des Sozialgerichts Berlin (S 82 AS 7352/09 vom 16.07.2010) hat die 23. Kammer das Jobcenter Bremen jetzt verpflichtet, dem Betroffenen seine tatsächlichen Mietkosten zu bewilligen. Eine „Deckelung“ sei jedenfalls länger als 4 Jahre nicht zulässig. Offen ließ das Gericht, ob ein Anspruch auf Mietkosten in Höhe der Angemessenheitsgrenze nicht schon nach 2 Jahren bestehen könnte.

Aus Sicht des BEV wird damit eine skandalöse Gesetzesnorm, die geprägt ist von dem Motto „einmal billig wohnen im Hartz IV-Ghetto – immer wohnen im Hartz IV-Ghetto“, zumindest ein kleines Stück eingeschränkt.

Der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 10.05.2011- L 15 AS 44/11 B ER) folgend, stellt das Sozialgericht zudem fest, dass die bisherigen Mietobergrenzen in Bremen um 10 Prozent zu niedrig bemessen sind. Die maßgeblichen Werte aus der Wohngeldtabelle sind nach Auffassung der 3 Sozialgerichte um diesen Sicherheitszuschlag zu erhöhen.

Nach dieser bedeutsamen Entscheidung des Sozialgerichts können sich höhere Ansprüche für zahlreiche Bremer Betroffene ergeben, deren Mietkosten aktuell und/oder in der Vergangenheit von der BAgIS, Jobcenter oder Amt für Soziale Dienste nicht voll bewilligt worden sind.
In seinen Beratungsstellen berät der BEV von Mietkürzungen Betroffene und prüft, ob jetzt nicht noch erhöhte Leistungen geltend gemacht werden können.