Es ist unstrittig, Menschen mit niedrigem Einkommen haben es auch in Bremen immer schwerer eine Wohnung zu finden. Allein, es liegt nicht an zu wenigen Wohnungen und Häusern, die angeboten werden. Die Eintrittspreise, sprich die Mieten sind zu hoch. Entweder die geforderten Bruttokaltmieten (ohne Heizkosten) liegen über den Grenzen die im Rahmen von Hartz IV oder Grundsicherung von den Ämtern übernommen werden oder aber der Niedriglohn oder die Minirente reicht zur Finanzierung der Wohnung nicht aus. Drastisch zeichnet sich dieses Bild in den innerstädtischen Stadteilen. Ob im Viertel, östliche Vorstadt, Neustadt oder Findorff – mit Hartz IV oder Niedriglohn geht nichts mehr. Somit entstand über Jahre der Trend der sozialen Entmischung. Menschen mit Niedriglohn und Hartz IV zogen an die Stadtränder. Aber jetzt ist der Preisanstieg auch in Blumenthal und Huchting angekommen. Auch dort wird die Wohnungssuche zur Glückssache. Die Folgen sind oftmals von außen nicht sichtbar. Schlafen auf der Couch bei Freunden wird insbesondere von jüngeren Menschen über Jahre praktiziert, oder Ehepaare mit vier Kindern stapeln sich in Wohnungen mit drei Zimmern und 65 qm. Kellerlöcher, Schimmelbuden und Verschläge unter Dächern sind wieder vermietbar. Obdachlose auf der Straße sind nur der sichtbare im Promillebereich anzunehmende Teil der Betroffenen.
Die drastischen Preisanstiege bei Mieten betreffen aber nicht nur die klassischen Gruppen mit geringem Einkommen von Studierenden bis zu Flüchtlingen. Von den 548 000 EinwohnerInnen der Stadt Bremen sind 95 000 auf Hartz IV, Grundsicherung, Sozialhilfe und vergleichbare Unterstützungen angewiesen. Wird die Zahl der Leistungsberechtigten, die ihre Ansprüche nicht geltend machen (vor allem RentnerInnen) und der Menschen im Niedriglohnbereich einbezogen, kommen leicht 200 000 Menschen zusammen, die enorme Problem bei der Wohnungssuche haben. Selbst Stadtteile wie die Vahr sind zu angemessenen Wohnbedingungenbei Hartz IV Bezug nicht mehr drin.
Zu den Ursachen:
Eine Mietwohnung ist eine Ware und ihr Eigentümer trachtet danach diese Wohnung zu einem möglichst hohen Zins, sprich Miete, zu vermarkten. Handelt es sich um die Vermietung eines Teils eines Zweifamilienhauses wird von der Miete eventuell der Urlaub bestritten bis hin zu großen Wohnungsbaugesellschaften die sich im Eigentum von Fonds oder Aktiengesellschaften befinden. Hier dient ein erhöhter Mietzins zur Steigerung der Umsatzrendite und höherer Ausschüttung an die Aktionäre. Und da eben in einer kapitalistischen Konkurrenzgesellschaft die Großen die Kleinen und die Profitablen die Unprofitablen fressen – ist der Druck auf die Steigerung der Ausschüttung und Gewinn durch Anhebung der Mieten (auch die Einstellung von Renovierung und Reparatur steigert kurzfristig den Gewinn) enorm.
Spätestens seit der Pleite von Lehmann Brothers und Hypo Real Estate ist auch dem letzten Millionär klar geworden: Finanzspekulation, Termingeschäfte und Wetten auf fallende Aktienkurse bergen ein hohes Totalverlustrisiko. Da ist die Geldanlage in Immobilien, zumindest für einen Teil der angehäuften Millionen, eine Anlage mit geringerem Verlustrisiko. Focus Money rechnet dem Kleinerben vor, der Kauf einer Immobilie zum Zweck der Vermietung, ist die profitabelste aller Anlageformen. So sind in den letzten Jahren die Anlagen in Immobilien gewaltig gestiegen. Von Privatleuten, die sich ein oder zwei Eigentumswohnungen kaufen bis hin zu neu aufgelegten Immobilienfonds von Investmentgesellschaften reicht das Spektrum.
Diese Investitionsboom zog jedoch zwei Dinge nach sich: Die Preise für Immobilien zogen an und sind in einigen Westdeutschen Großstädten in den letzten Jahren um fasst 50 Prozent gestiegen. Wenn aber sich der Preis für den Kauf von Immobilien und Grundstücken deutlich verteuert und sich nicht gleichzeitig die Mieteinnahmen im selben Verhältnis anheben lassen, kommt es zum absinken der Zins/ Gewinnrate. Ein Horror für jeden Geldanleger. Also ist der ständige Versuch der Steigerung der Mieten vorprogrammiert.
Am leichtesten ist die Mietanhebung bei Neuvermietungen möglich. In begehrten bremischen Innenstadtbezirken oder Trendvierteln geht es denn schon mal ans Doppelte der alten Kaltmiete. Aber auch die bestehenden Mietanhebungsregeln des BGB (20 Prozent innerhalb von drei Jahren) werden weidlich genutzt.
Staatliche Eingriffsmöglichkeiten, mit rechtlichen Schritten Mietanhebungen zu begrenzen sind kaum vorhanden. Es herrscht der „freie Markt“.
„Sozialdemokratische“ Eingriffe in den Markt – zum Wohl der Mieter.
Mittels zahlreicher „Eingriffe“ in den kapitalistischen / Marktwirtschaftlichen Wohnungsmarkt hat insbesondere die sozialdemokratische Arbeiterbewegung immer wieder versucht Wohnraum zu schaffen und/oder ihn für Arbeiterhaushalte bezahlbar zu machen. Denn das Problem ist nicht neu. Schon Engels und Bebel beschrieben ausführlich die Wohnungsnot und den „Mietwucher“ in englischen und deutschen Arbeiterquartieren des 19. Jahrhunderts.
Die ersten Ansätze bestanden im genossenschaftlichen Zusammenschluss der ArbeiterInnen, mit dem Ziel, einen Teil des Wohnungsbestandes selbst zu verwalten und nur die notwendigen Anschaffungs- und Reparaturkosten auf die Mieten umzulegen. Dies endete in Deutschland in der „Neuen Heimat“.
Darüber hinaus wurde der „Soziale Wohnungsbau“ erfunden. Mit dem Erhalt von staatlichen Zuschüssen (früher als Darlehen bzw. Zuschuss, heute als regelmäßige Zuwendung) verpflichteten sich Wohnungsbaugesellschaften diese subventionierten Wohnungen für mindestens 30 Jahre nur an Menschen mit geringem Einkommen (Berechtigungsschein) und zu niedrigeren Preisen zu vermieten.
Mit dem in den 60iger Jahren eingeführten Wohngeld wird ein laufender Zuschuss an die Mieter gezahlt, wenn das Einkommen sehr niedrig, aber geringfügig oberhalb der Hartz IV Schwelle liegt. Letztlich erfolgt mit dem Wohngeld ebenfalls eine Subventionierung der in hohen Mieten enthaltenen Gewinne von Wohnungseigentümern.
Und letztlich das bitterste Mittel: Die Hartz IV Mietobergrenzen: Diese sind weitgehend mit den Berechnungsschwellen im Wohngeldgesetz identisch. Ohne Berücksichtigung der Heizkosten liegen diese Grenzen derzeit in Bremen bei 358 Euro für eine Person, 435 Euro für zwei Personen, 517 Euro für drei Personen usw.
Sucht Mensch oder Familie im laufenden Leistungsbezug von Hartz IV oder Grundsicherung eine neue Wohnung wird diese nur bis zu den genannten Grenzen vom Amt gezahlt. Dafür stellt das Jobcenter oder Sozialamt eine entsprechende Kostenzusicherung aus. Ohne diese Zusicherung der Mietzahlung durch das Amt, verweigern sich die meisten Vermieter einen Mietvertrag abzuschließen. Selbst die Option, aus den Regelsätzen oder den Zuverdienstfreibeträgen einen „Eigenanteil“ aufzubringen, geht bei Neuanmietung nicht.
Dieser Mechanismus führt zur Wohnungsnot in der eigenen Wohnung, denn wenn der Mietpreis eine feste, unverrückbare Größe ist, ist es bei größeren Haushalten möglich, die Zahl der Personen entsprechend in einer Wohnung zu erhöhen. Drei Kinder in einem 15 qm großen Zimmer, oder schlafen der Eltern im Wohnzimmer sind dann eben üblich.
Da in Bremen ca. 25 Prozent der Bevölkerung direkt oder mittelbar an die Obergrenzen gebunden sind, stellen sie eine erhebliche „Wohnungsnachfrage“ dar. Somit bindet eine niedrige staatlich garantierte Miete in den ehemaligen Sozialwohnungsquartieren und einigen Altbauquartieren die Miete nach unten. Bei deutlichem Überschreiten dieser Grenzen wäre die Alternative für die Vermieter ein erheblicher Leerstand mit entsprechenden Einnahmeausfällen.
Die Bremer Sozialbehörde argumentiert hier zynisch und zugleich richtig. Eine Anhebung der Mietobergrenzen bei Hartz IV führt schon nach wenigen Jahren dazu, dass sich die Mietpreise deutlich verteuern und die Knappheit an „billigem Wohnraum“ dann auf höherem Niveau wieder einstellt und der Staat lediglich die höheren Mieten/ Gewinne der Vermieter subventioniert hat.
Nach den in Bremen durch Protest und Gerichte in den Jahren 2008/09 erzwungenen Anhebungen der Obergrenzen (von 265 auf 358 Euro bei Einzelpersonen) reagierten die Vermieter sofort. Neuvermietungen wurden umgehend zu den neuen Obergrenzen durchgeführt, Altmieten mittels Mietanhebungsbegehren erhöht. Für einzelne LeistungsbezieherInnen, bei denen die Mietkosten ein durchlaufender Posten sind, war dies nicht unmittelbar spürbar. Aber vor allem die Menschen mit geringem und durchschnittlichem Einkommen oder Rente mussten deutlich mehr aus dem Lohn für Miete aufwenden.
Zynisch ist diese Argumentation deshalb, weil sie die LeistungsbezieherInnen als Druckmittel gegen die Mieterhöhungsbegehrlichkeiten der Eigentümer einsetzt. Die LeistungsbezieherInnen und untere Einkommensschichten müssen dies mit schlechten Wohnungen, räumlicher Enge und zum Teil Obdachlosigkeit „bezahlen“.
Eine drastische Anhebung der Mietobergrenzen in den Sozialgesetzen ist daher nicht die Lösung des Problems, sondern allenfalls eine kurzzeitige Verschnaufpause im Hamsterrad der Gewinnoptimierung der Wohnungswirtschaft.
Kommunale Wohnungsbestände
In den meisten deutschen Städten gab und gibt es zum Teil noch erhebliche Bestände an Wohnungen im Eigentum der Städte oder Bundesländer. Diese Wohnungen, zumeist über den „sozialen Wohnungsbau“ finanziert, verfügten lange Zeit über ein Angebot an relativ günstigen Mieten. In diesen Wohnungsgesellschaften sitzen keine Aktionärsvertreter im Aufsichtsrat, die unablässig nach höheren Ausschüttungen rufen. Zudem gab es kluge Stadtkämmerer und Finanzsenatoren die wussten, höhere Mieten bei diesen Gesellschaften lösen auf der anderen Seite höhere Ausgaben im Rahmen der Sozialhilfe und Hartz IV aus. Für die Kommune waren Mietanhebungen bei diesen Gesellschaften oft ein Nullsummenspiel. Daher wurde oftmals darauf verzichtet.
Gleichzeitig konnte mit diesen Wohnungsbeständen ein realer Einfluss auf die Mietpreise in einer Stadt ausgeübt werden, denn Mieter konnten so steigenden Mieten bei privaten Gesellschaften ausweichen und zu den städtischen Gesellschaften ziehen. Anfang der 80iger Jahre gab es in Bremen ca. 120 000 Mietwohnungen. Davon entfielen ca. 50 000 auf Wohnungsgesellschaften im städtischen Besitz. Dazu kamen noch ca. 10 000 Wohnungen bei Genossenschaften (GEWOSIE, etc.) Also war ca. die Hälfte des Mietwohnungsbestandes nicht dem direkten Druck der privaten Gewinnerzielung unterworfen. Zweifellos ein Mittel zur Begrenzung der Mietkosten.
Doch dieses Mittel wurde durch Privatisierungen weitgehend aus der Hand gegeben. 1994 bis 97 verkaufte die Stadt die Bremische Gesellschaft (mit der die Stadt über Jahre die gezielte Unterbringung von Obdachlosen und Flüchtlingen organisiert hat) mit damals 6700 Wohnungen. 1994 auch die Beamtenbau (4500 Wohnungen) verkauft. Beide gehören heute, nach verschiedenen Eigentümerwechseln der Vitus Gruppe. Die Stadt trennte sich zudem von ihren Anteilen an der Brebau (6000 Wohnungen) Zusätzlich kamen noch die Übergabe von Wohnungsbeständen von bundeseigenen Gesellschaften an private Aktionäre (GAGFA).
Diese Privatisierungen lösten einen erheblichen Druck zu höheren Gewinnausschüttungen aus.
Die GEWOBA ist ein Beispiel, wie selbst städtische Gesellschaften Gewinnoptimierungen unterzogen wurden.
Im Jahre 1986 ging die damals im Eigentum des DGB befindliche „Neue Heimat“ Pleite. Die im Lande Bremen befindlichen Wohnungen wurden von Stadt und Land Bremen für eine DM übernommen. Gleichzeitig beteiligte der sozialdemokratisch geführte Senat ein Bremer Bankenkonsortium für 26 Pfennige zu einem Viertel (25,73 Prozent) am Grundkapital der GEWOBA. Heute hat die GEWOBA einen ungefähren Marktwert von 1,2 Milliarden Euro. Für Sparkasse und Co. das Millenium Geschäft.
1996 wurde ein Viertel der GEWOBA an die damalige landeseigene HIBEG (Bremer Investitionsgesellschaft) verkauft. Diese lieh sich die 100 Millionen Euro auf dem Kapitalmarkt. Seither schreit diese nach höheren Ausschüttungen, um zumindest die jährlich anfallenden Zinsen aus dem GEWOBA Gewinn bedienen zu können. Unmittelbarer Verwertungsdruck hielt auch bei der GEWOBA Einzug. Und auch die Finanzsenatorin freut sich jährlich über die Gewinnüberweisung der GEWOBA. Im 14-köpfigen Aufsichtsrat sitzen neben den 5 ArbeitnehmervertreterInnen und 6 Vertretern der Stadt auch drei Vertreter der Banken (einer von der Sparkasse).
Und die Sparkasse in Bremen ließ denn auch per Bildzeitung vom 9.März 13 mitteilen, dass Sie die vom Senat geplante soziale Durchmischung des Wohnungsbaus gar nicht gut findet.
Sozialer Wohnungsbau als Lösung ?
Gegenwärtig scheint die Lösung gegen steigende Mieten in der Ausweitung des „Sozialen Wohnungsbaus“ zu liegen. So verkündet es zumindest der Bremer Senat und ein Bremer Aktionsbündnis „Menschenrecht auf Wohnen“ fordert es lauthals ein. In den nächsten Jahren sollen 14 000 Sozialwohnungen gebaut werden. Der derzeitige Umsetzungsstand liegt weit hinter den Zielvorgaben zurück. Private Geldanleger und Wohnungsbaugesellschaften setzen zur Zeit mehr auf Luxusherbergen in der Überseestadt, am Lesumdeich, im Stadtwerder oder schick im Viertel.
Wie geht sozialer Wohnungsbau ?
Ein Privatunternehmen möchte eine Wohnanlage bauen und beantragt eine Bezuschussung durch die Stadt Bremen verbunden mit der Ansage, diese Wohnungen für einen Zeitraum von 30 Jahren an Menschen mit geringem Einkommen zu den jeweiligen Mietgrenzen des Wohngeldgesetzes zu vermieten.
Dazu berechnet dieses Unternehmen eine Kostenmiete pro qm. Diese Kostenmiete (ohne Nebenkosten) setzt sich zusammen aus dem Kaufpreis des Grundstücks, Zins und Tilgungszahlungen an die Banken, Verzinsung des Eigenkapitals, Reparatur, Verwaltung usw. Gegenwärtig liegt diese Kostenmiete bei 8,50 Euro pro qm Wohnfläche. Damit liegt diese kalkulierte Kaltmiete für eine 60 qm Wohnung (2 Personen) bei 510 Euro monatlich. Dies läge deutlich über den Werten der Hartz IV und Wohngeldobergrenzen. Somit wird die vom Mieter geforderte Kaltmiete auf die von diesem im Rahmen von Hartz IV zahlbare Kaltmiete abgesenkt. Im Rahmen der Hartz IV Grenzen sind allenfalls 5,50 Euro Kaltmiete pro qm möglich.
Diese Differenz von 3 Euro pro qm (bei 60 qm 180 Euro monatlich) werden folglich von der Stadt an den privaten Vermieter ausgezahlt. Hier findet also eine direkte Subvention des Privatgewinns statt.
Diese Subventionsoption besteht auch, wenn die Stadt in bestehendem Altbau „Belegungsrechte“ für Menschen mit geringem Einkommen von den Wohnungsunternehmen kauft.
Ein für die Stadt sehr teurer Einkauf von günstigem Wohnraum.
Alle „Markteingriffe“ beinhalten, von der Anhebung der Mietgrenzen bei Hartz IV, vom Wohngeld bis zur Neubelebung des „Sozialen Wohnungsbaus“ immer eine direkte oder im Falle des Wohngeldes indireckt Profitförderung des privaten Wohnungskapitals. An den Ursachen der Verwertungslogik, der Profitmaximierung, ändert sich gar nichts. Damit ist auch keine Lösung für die betroffenen und zukünftigen MieterInnen absehbar. Obdachlosigkeit als Folge unbezahlbarer Wohnungen wird nicht vermieden, Zusammenballung in zu kleinen Wohnungen, die Verschleppung von Renovierung und Reparatur in Mietwohnungen und Zusammenballung von Einkommensarmen in den Randbezirken wird fortbestehen und der für Mieten aufzubringende Teils des Lohns oder der Rente wird weiter steigen.
Die Rolle des Staates
Allerdings muss der Staat auch seiner Rolle als Wächter und Verwalter der Interessen der gesamten Unternehmerschaft Rechnung tragen. Obdachlose sind als pünktliche und allzeit leistungsfähige Lohnarbeiter nicht zu gebrauchen. Als Konsumenten scheiden sie auch aus, denn wohin mit dem IKEA Sofa. Pünktlichkeit und Durchhalten des 8 Stundentages geht bei Parkbank, Notbehausung und Angst vor der Wohnungskündigung nicht. Wer heute keinen festen Wohnsitz hat braucht erst keine Bewerbung zu schreiben.
Folglich greift der Staat immer dann flankierend in den Wohnungsmarkt ein, wenn pure marktwirtschaftliche Gewinnerwartungen zu erheblichen Versorgungsproblemen führen, die das Funktionieren der gesamten Marktwirtschaft gefährden. Die Mittel dazu sind aber sehr einseitig ausgerichtet. Mit der Aussicht auf noch mehr Mietzins/Gewinn oder Garantie auch für schlechte Zeiten werden dem Kapital soziale Wohltaten abgerungen. Allerdings wird auch der private Grundbesitz mit der Polizei beschützt, wenn etwa Hausbesetzer die Profiterzielung bedrohen.
In den 50iger und 60iger Jahren stand der vom Staat organisierte Wohnungsbau im Mittelpunkt um die Kriegsschäden und den Zuzug von 12 Millionen Flüchtlingen und später den Arbeitsmigranten sicherzustellen. Die Umsetzung dieser Aufgabe hatte hauptsächlich gesamtstaatliche Aspekte und es stand nicht unmittelbar die Profiterzielung im Vordergrund. Beginnend mit den 80iger Jahren zog sich der Staat zurück und veräußerte seine Wohnungsbestände an private Investoren. Dies hatte auch mit der neoliberalen Großwetterlage zu tun, Investoren und Kapital an den Standort Deutschland zu locken.
Und spätestens ein Blick auf die Verkaufspreise des ehemaligen städtischen Wohnungsbesitzes verstärkt diese Erkenntnis. Gemessen an ihren späteren Wiederverkaufswerten hat das sozialdemokratische Personal des Bremer Staatsapparates die Wohngesellschaften gegen eine geringe Spende verschenkt.
Hohe Erwartungen an zukünftiges staatliches Handeln zur Mietensenkung und Beschaffung günstigen Wohnraums dürften vergleichbar sein mit der Haltbarkeitsdauer einer Seifenblase.
Das Fortbestehen kapitalistischer Marktmechanismen steht dem Anspruch der Menschen nach gutem und ausreichendem Wohnraum diametral gegenüber. Wohnung ist in einer kapitalistischen Gesellschaft eine Ware, wie jede andere auch. Während Menschen jedoch locker auf ein Auto, einen Pelzmantel oder auf einen Floridaurlaub verzichten können – ohne Wohnung geht es nicht.
Da wir jedoch nicht im Zelt, auf der Parkbank oder im Abbruchhaus auf die große Lösung warten können, ist Selbsthilfe angesagt.
Den Gutmenschen im den Bündnissen gegen Wohnungsnot sei gesagt: Ihr macht gerade den öffentlichen Druck für eine neue Runde der Profitförderung der Wohnungswirtschaft. Denn diese treiben gerade den Preis für „soziales Engagement“ in die Höhe.
Deutlich wurde dies an der bereits 2012 groß aufgelegten Offensive des Senats zur Förderung des „sozialen Wohnungsbaus“ (eigentlich Programm des Staates für einen garantierten Mindestprofit in der Wohnungswirtschaft). Die bereitgestellten Mittel des Staates haben die Unternehmen nicht veranlasst zu investieren. Selbst unter Einberechnung der staatlichen Förderung waren die Profitaussichten in anderen Wohnungssegmenten wohl attraktiver als im „Sozialen Wohnungsbau“.
Peter Sakuth (Ex SPD Senator) jetzt Sprecher der bremischen Wohnungskapitalisten, ließ denn auch im Weser Kurier vom 1. November 2012 verlauten, dass die Förderbedingungen für die Wohnungswirtschaft noch nicht ausreichend seien, um die Unternehmen zu Investitionen zu veranlassen.
Folglich hat es faktisch keine Abrufung von Fördermitteln gegeben um „Sozialwohnungen“ zu bauen. Der derzeitige Bestand in Bremen liegt gerade noch bei 8000 Wohnungen mit Preisbindung.
Die Gründe lassen sich in Zahlen nachweisen. Über Hartz IV, Grundsicherung und vergleichbarem Niedriglohn sind allenfalls Kaltmieten von 5,50 Euro pro qm für die Menschen zu bezahlen. Die Wohnungswirtschaft hält Kosten von 8,50 Euro pro qm Kaltmiete für notwendig und möchte daher die 3 Euro Differenz pro Monat und qm aus öffentlichen Mittel dazu haben. Sagen die Unternehmenssprecher offiziell. Gebaut haben sie jedoch nicht. Dies erklärt ein Blick in den Vermietungsteil des Weser Kurier. In zahlreichen edleren Wohnquartieren lassen sich leicht Kaltmieten von 10 Euro pro qm erzielen. Da wäre es im Sinne der Erzielung eines Höchstgewinns doch töricht zu jetzigen Bedingungen „Sozialen Wohnungsbau“ zu betreiben. Dies bindet Kapital, welches an anderer Stelle investiert, deutlich höhere Margen abwerfen kann. Die Wohnungswirtschaft fordert denn auch konsequent, die Stadt möge die Verkaufspreise der städtischen Grundstücke weiter senken.
Den Senat veranlasste die Untätigkeit der Wohnungsunternehmen, im März 2013 einen Beschluss zu fassen, dass Verkäufe von städtischen Grundstücken an Wohnungsunternehmen an die Bedingung geknüpft wird, mindestens 25 Prozent der darauf gebauten Wohnungen als Sozialwohnungen herzustellen.
Dies ist das letzte Druckmittel des Staates. Ansonsten steht der Bremer Staat völlig nackt da. Die eigenen Wohnungsbaugesellschaften wurden in den 80/90iger Jahren faktisch verschenkt. Nichts mehr da (eigenen Gesellschaften) mit dem ein Senatsbeschluss administrativ umgesetzt werden könnte. Die Förderprogramme und deren öffentliche Darstellung kommen einer Bittstelleroffensive gleich, mit dem Unternehmer angebettelt werden wenigstens den angebotenen, garantierten Profit einzustreichen. Aber die sind eben Kapitalisten, nur der Höchstprofit zählt.
Und der Bremer Staat hat ein echtes Problem. Absehbar werden, bei ungebremster Miet- und Immobilienblase und sich weiter ausweitendem Niedriglohnsektor mindestens 30 Prozent der Bevölkerung dieser Stadt keine angemessene Wohnung mehr leisten können. Und dies führt eben dazu, dass diese Menschen auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr optimal funktionieren.
Slums sind in Bremen angekommen.
Eine neue Runde der Profitförderung durch „Sozialen Wohnungsbau“ ist nicht die Lösung !