Die Halbzeitbilanz der rot-rot-grünen Mietenpolitik

In Bremen steigen die Mieten weiter. Die Nettokaltmieten im Neubau liegen durchschnittlich bei 11,83 Euro, Neuvermietungen von Altbauwohnungen erreichen die 10 Euro pro qm Wohnfläche. Bremen liegt im bundesweiten Trend. Die rot-rot- grüne Leistungsbilanz bei der Versorgung der Menschen mit günstigem Wohnraum fällt bescheiden aus.

Warum steigen die Mieten ? 

Angeblich soll es einen Mietmarkt geben, bei dem Angebot und Nachfrage nach Wohnungen den Preis bestimmen. Ginge es nach diesem Prinzip, so müsste mit den Mietsteigerungen in Bremen längst Schluss sein. Bis auf die Metropolen Berlin, Hamburg Frankfurt steigen die Einwohner*innenzahlen in den Großstädten nicht mehr. Bremen hat seit 2018 fast 3000 Einwohner*innen verloren. In dieser Zeit wurden ca. 4500 Wohnungen neu gebaut. 

Der tatsächliche Grund für die ungebrochenen Mietsteigerungen dürften in der Tatsache begründet sein, dass in Deutschland jährlich 70 bis 80 Milliarden Euro von Banken, Hedgefonds, Immobilienfonds und Versicherungen in den Immobilienmarkt gepumpt werden. Ein Werbespot vor der Tagesschau versprach unlängst 6 Prozent Rendite für Anlagen in Immobilien. Etwa ein Drittel aller Kreditvergaben in Deutschland fließen in den Immobiliensektor. 

Dieser Kapitalzufluss und Spekulationsgewinne beim Handel mit Immobilien oder Gewinnausschüttungen basieren alle auf dem Versprechen zukünftig mehr und höhere Gewinne einzufahren. Dies geht bei Immobilien nur mit der einzigen Einnahmequelle – den Mieten. Diese müssen steigen, um das Karussell aus Kapitalzufluss und Gewinnversprechen am Laufen zu halten. Käme es zu relevantem Mietpreisverfall, Mietendeckeln oder Schlagzeilen über große Leerstände, würde die Blase platzen, Spekulanten und Anlagefonds müssten gewaltige Kapitalmengen abschreiben. Dies möchten die Eigentümer*innen des in Immobilien investierten Kapitals (Die Personen des oberen Zehntels des Einkommensbezieher*innen) mit aller Macht verhindern. Also entsteht ein ständiger Druck auf die Anhebung der Mieten.

Der Bremer Senat hat immer wieder versprochen, mit einem ehrgeizigen Programm für den Wohnungsneubau dem Problem der Mietensteigerungen zu begegnen. Allerdings wurden bisher alle Zielzahlen für den Wohnungsneubau verfehlt. 

Der größte Teil wurde von privaten Investoren, vornehmlich im hochpreisigen Segment (Überseestadt/ Werdersee) gebaut. Der Anteil der städtischen Gesellschaften GEWOBA und Brebau liegt laut deren Geschäftsberichten bei insgesamt ca. 470 von 1723 Wohnungen im Jahre 2019. 

Die Mietsteigerungen hat dieses Bauprogramm nicht begrenzt. 

Der Senat hat im Grunde auf dem weitgehend von Privaten bestimmten Wohnungsmarkt Markt vier Möglichkeiten der Einflussnahmeeine gesetzliche Begrenzung der Mietensteigerung (Mietendeckel oder Anhebungsgrenze gemäß BGB) 

  • Mit eigenen Wohnungsbaugesellschaften niedrige Mieten anbieten und damit in den Markt eingreifen.
  • Den „sozialen“ Wohnungsbau
  • Die Mietobergrenzen für Leistungsbezieher*innen von Grundsicherungen und Hartz IV niedrig zu halten und damit massiv Niedrigmieten am Markt durchzusetzen. 
  1. In Bremen gibt es eine Begrenzung der Mietsteigerungen für die Anhebung von Mieten bei Altmietverträgen von 15 Prozent innerhalb von 3 Jahren. Auch „Nichtstatistiker*innen“ fällt sofort auf, diese Steigerungsmöglichkeit liegt weit über der durchschnittlichen Inflationsrate und vor allem deutlich über den Steigerungen der Erwerbseinkommen. Bremen hat die Begrenzung von ursprünglich 20 Prozent auf 15 Prozent genutzt. Aber es gibt für Mieter*innen kaum einen Effekt. Jüngstes Beispiel sind die ständig durchgeführten Mietsteigerungen bei Grand City in der Grohner Düne. Hier werden die Mieten bis zum Anschlag auf die 15 Prozent angehoben. Da 90 Prozent der Bewohner*innen von staatlichen Leistungen leben, bezahlt Bremen somit die steigende Dividende von Grand City. 
  2. Bremen verfügt mit der GEWOBA (42.000 incl. Bremerhaven) und der Brebau ca. 6.000 Wohnungen über zwei städtische Gesellschaften die im Mietwohnungsmarkt über einen Marktanteil von ca. 25 Prozent verfügen. Gäbe es die Absicht des Senats einzugreifen, müssten Mietsteigerungen bei diesen Unternehmen ausgeschlossen werden. Die Geschäftsberichte der beiden Gesellschaften weisen allerdings Steigerungsraten der Nettokaltmieten aus, die mit denen vergleichbarer privater Wohnungsunternehmen durchaus vergleichbar sind. Preisbremse durch städtisches Eigentum findet in Bremen weitgehend nicht statt. Faktisch fungieren beide Unternehmen als Einnahmequellen der Stadt und helfen beim Schul-, und KITA Bau. Die GEWOBA hat eine Rendite von 8 Prozent erwirtschaftet. 
  3. Aus bremischen Haushaltsmitteln werden jährlich etwa 20 Millionen Euro für den „Sozialen Wohnungsbau“ aufgewendet.Das Prinzip ist so. Ein Unternehmen, auch ein privater Investor, baut ein Haus bei der sie eine Nettokaltmiete von 10,50 Euro als Kostenmiete zu Refinanzierung der Herstellungskosten angeben. Menschen mit geringem Einkommen können diese Wohnung für 6,50 Euro Nettokalt anmieten (B-Schein). Die restlichen vier Euro pro qm werden dann für eine Laufzeit von 20 Jahren nach Fertigstellung der Wohnung von Bremen an den Vermieter gezahlt. Da in den 10,50 Euro Nettokaltmiete auch die geplante Gewinnmarge und der Kapitalaufbau / Tilgung mit ca. 30 Prozent enthalten ist, wird mit dem „sozialen Wohnungsbau“ direkt eine Gewinn-, und Vermögensanhäufung durch Steuermittel finanziert. Eine kleine Minderheit von ca. 7000 Mieter*innen kann mit dem (B-Schein) eine günstigere neue Wohnung beziehen. Nach Auslaufen der Sozialbindung nach 20 Jahren „Gewinnsubvention“ kann das Wohnungsunternehmen die Miete auf das marktübliche Niveau anheben. Das Marktniveau wird durch die Förderung des „sozialen Wohnungsbaus“ künstlich angehoben. „Sozialer Wohnungsbau“ trägt zur Steigerung des Mietniveaus bei. Nach 20-jähriger Förderung ist für das Privatunternehmen die Tilgung der Investitionen in der Regel abgeschlossen und von Staat weitgehend bezahlt worden. Die Gewinne der restlichen „Lebenszeit“ eines Hauses von 100 Jahren können als Dividende ausgezahlt oder in Porsches investiert werden. Aus Sicht eines sparsamen Finanzsenators ist der „Soziale Wohnungsbau“ eine der langfristig dümmsten Arten, Steuermittel zu verschwenden. „Sozialer Wohnungsbau“ schadet den Wohnungssuchenden mehr als es nutzt. 
  4. In Bremen-Stadt sind etwa 60 Tausend Haushalte auf Leistungen von Hartz IV und Grundsicherung angewiesen. Die Stadt zahlt die Miete in der Regel nur bis zu einer nach Personenzahl variierenden Obergrenze. Menschen mit Sozialleistungsbezug können in Wohnungen oberhalb der Mietgrenze nicht einziehen. Einerseits bekommen sie in der Regel vom Vermieter*innen keinen Mietvertrag und vom Jobcenter nicht den die Obergrenze übersteigenden Mietanteil. Dadurch ist diese Obergrenze das wirksamste Mittel, die Mietpreise zu drücken, da ca. 40 Prozent der Mieter*innen mehr als diese Obergrenze nicht dauerhaft bezahlen können. Unlängst hat die Stadt Bremen die Obergrenzen um durchschnittlich 12 Prozent angehoben. In den vergangenen Jahren haben die Vermieter*innen unmittelbar nach der Heraufsetzung dieser Grenze die Mieten auf diese neuen Werte angehoben. Damit wurde keine einzige Wohnung neu geschaffen, noch das Problem der Wohnungssuche für die Leistungsbezieher*innen relevant erleichtert. Nur für ein kurzes Zeitfenster was es wenigen Menschen im Leistungsbezug möglich dadurch ihre Wohnsituation zu verbessern. Die Anhebung der Obergrenzen führt zu einer flächendeckenden Anhebung des Mietniveaus die vor allem von den normalen Mieter*innenhaushalten aus der eigenen Tasche /Einkommen bezahlt werden muss. Für Leistungsbezieher*innen sind die Mietkosten ein „durchlaufender Posten“ 

Das Fazit der Wohnungs- und Mietenpolitik des rot-rot-grünen Senats nach zwei Jahren Amtszeit lässt erkennen, das keine Eingriffe in die Profitmaximierungsbestrebungen der Wohnungsunternehmen zugunsten der Mieter*innen vorgenommen wurden. Nicht einmal zarte Versuche einer Marktregulierung sind erkennbar. Maximal wurden an den skandalhaften Auswirkungen der profitorientierten Immobilienhaie Notoperationen durchgeführt, wie etwa der Aufkauf der völlig heruntergewirtschafteten ehemaligen Vonovia Wohnung in Lüssum. 60 von 224 Wohnung waren wegen technischer Mängel oder totalem Schimmelbefall nicht mehr bewohnbar und standen leer.

Die beiden städtischen Wohnungsunternehmen GEWOBA und BREBAU verhalten sich völlig marktkonform. In den Jahren 2017 bis 2020 fielen die Steigerungen der Nettokaltmiete pro qm bei der GEWOBA mit 11 Cent in 2017, 17 cent in 2018, 15 cent in 2019 und 14 cent in 2020 „marktüblich2 aus. Auch der Erwerb der Mehrheit von mehr als 75 Prozent bei der GEWOBA durch Bremen führte zu keiner Veränderung der Geschäftspolitik. Auch die Veräußerung von Wohnungen an Private scheint weiter zu gehen. Im Geschäftsbericht für 2020 wird ein Zuwachs an Wohnungen von 309 berichtet. Der Ankauf von 224 von der Vonovia und 220 neugebauten Wohnungen vorwiegend im Stadtwerder, müsste zu einem höheren Zuwachs geführt haben. Seit 1990 hat die GEWOBA etwa 10 000 Wohnungen privatisiert, darunter auch sehr viele an gewöhnliche Investoren (Spekulant*innen). 

Die Brebau fiel vor allem durch die rassistischen Kriterien bei der Erfassung von Mietinteressent*innen auf, überproportionale Anstrengungen zum Wohnungsneubau wurden nicht vermeldet. 

Dabei gäbe es durchaus Alternativen, die selbst in marktwirtschaftlichen Gesellschaften durchsetzbar wären. 

Die Ausweitung der Sozialbindung auf Dauer (100 Jahre) bei städtischen Gesellschaften wäre durchaus möglich. Da diese Wohnungsbaugesellschaften über erhebliche Grundstückbestände verfügen oder diesen in Erbpacht städtisches Land zu Verfügung gestellt werden kann, ist auch eine erhebliche günstigere als heute übliche Baufinanzierung möglich. 

Die österreichischen Hauptstadt Wien oder etwa die bremischen Wohnungsbaugenossenschaften mit ihren 7.000 Wohnungen führen vor, wie ohne Gewinnausschüttungen dauerhaft günstige Mieten angeboten werden können.

Dies würde allerdings den Miethaien wie Vonovia, Grand City, Justus Grosse, Bremermann und Co. das Geschäft versauen. Ganz offensichtlich fehlt dem rot-rot-grünen Senat dazu der Mut oder die Einsicht. Und ganz nebenbei schickt die Bremer Polizei schon mal eine Hundertschaft um Zwangsräumungen zur Durchsetzung der Entmietungsvorhaben des Miethais Bremermann. Mit Wohngeld, Förderung des „sozialen Wohnungsbaus“ und permanenter Anhebung der Mietobergrenzen werden die Profiterwartungen der Spekulant*innen bestens bedient. 

Somit verbleibt die Senatspolitik auf dem Niveau der Verwaltung des Staates zum Wohle des Funktionierens der Marktwirtschaft und damit dem Profitstreben des Wohnungskapitals.